Einst galt Paul Gascoigne als das Enfant terrible des englischen Fußballs – aufbrausend, emotional, hochbegabt und gleichzeitig ein charmanter Spaßvogel. Nach dem Ende seiner Karriere folgte jedoch der tiefe Absturz, der sich schon in seiner aktiven Zeit abgezeichnet hatte, berichtet 4thebike.de mit Verweis auf die Daily Mail.
Unvergessen bleibt die Szene aus dem WM-Halbfinale 1990 gegen Deutschland: Gascoigne foult Thomas Berthold, sieht Gelb – seine zweite im Turnier – und weiß, dass er für ein mögliches Finale gesperrt ist. Noch auf dem Platz steigen ihm Tränen in die Augen. Der Traum vom WM-Finale platzt, und „Gazza“ weint. Diese ehrlichen Emotionen machten ihn in England zum Volkshelden. Obwohl Deutschland Weltmeister wurde, blieb Gascoigne für viele Briten das Gesicht des Turniers.
Nach seiner aktiven Laufbahn begann der tiefe Fall. Jahre des Alkohol- und Drogenmissbrauchs, Zusammenbrüche, Trunkenheitsfahrten und Klinikaufenthalte haben Spuren hinterlassen. Der einst kräftige Fußballer ist heute kaum wiederzuerkennen: abgemagert, mit Bart, vom Leben gezeichnet. In einem Interview bei Good Morning Britain räumte er offen ein, dass er noch immer gegen die Sucht kämpft: „Ich schaffe es, monatelang trocken zu bleiben, aber dann habe ich wieder einen zweitägigen Rückfall und verachte mich selbst dafür.“
Gascoigne trat in der Sendung auf, um sein neues Buch Eight vorzustellen – benannt nach seiner legendären Rückennummer. Das Werk sei kein Fußballbuch, sondern eine ehrliche Schilderung seines Kampfes mit Abhängigkeit und psychischen Erkrankungen. Es solle anderen Betroffenen Mut machen. Eight erscheint am 25. Oktober, erste Auszüge wurden bereits in der Daily Mail veröffentlicht.
Der frühere Nationalspieler spricht darin auch über seine Zwangsstörungen (OCD) und Angstzustände. Alkohol, so schreibt er, sei für ihn oft das einzige Mittel, um seine aufdringlichen Gedanken zu beruhigen: „Sobald ich nüchtern bin, kehrt die Zwangsstörung zurück, und eine Stimme in meinem Kopf sagt mir, dass etwas Schreckliches passieren wird.“
Seine seelischen Probleme führt Gascoigne auf ein traumatisches Erlebnis in seiner Kindheit zurück. Mit zehn Jahren musste er mit ansehen, wie der kleine Bruder eines Mitspielers bei einem Autounfall in seinen Armen starb. „Er lief hinter einem Eiswagen hervor, wurde von einem Auto erfasst und flog zehn Meter durch die Luft“, erinnert sich Gascoigne. „Ich konnte nichts tun, außer ihn zu halten, bis der Krankenwagen kam.“ Danach entwickelte er Ticks – psychologische Hilfe erhielt er nie. Fußball wurde sein einziger Ausweg: „Auf dem Platz gehörten mir diese 90 Minuten. Da war ich frei.“
Trotz seiner inneren Kämpfe wurde Gascoigne zu einem der größten Talente seiner Generation. Schon als Jugendlicher bei Newcastle United galt er als übergewichtig, sein Trainer nannte ihn einen „fetten Bastard“ und zwang ihn, abzunehmen – eine Demütigung, die in eine Phase von Bulimie führte. Diese Krankheit überwand er, doch die Alkoholsucht blieb. „Ich habe alles versucht, um trocken zu bleiben, aber nichts hat funktioniert“, schreibt er in Eight.
Selbst während seiner Glanzzeit trank Gascoigne regelmäßig – manchmal sogar in der Halbzeitpause. Dennoch wurde er in den 1990er-Jahren als Englands „Golden Boy“ gefeiert. Legendär sind die Geschichten aus dieser Zeit: Er verpasste ein Treffen mit dem Papst, weil das Training zu lange dauerte, und war bei der Geburt seines Sohnes im Pub. Den Namen des Kindes erfuhr er angeblich aus der Zeitung.
Heute wirken diese Anekdoten wie bittere Ironie. Aus dem gefeierten Nationalhelden ist ein warnendes Beispiel geworden – ein Mahnmal dafür, wie Ruhm und Abhängigkeit ein Leben zerstören können. Paul Gascoigne bleibt ein Symbol für die verletzliche Seite des Fußballgenies und den hohen Preis, den Talent manchmal fordert.
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